05 – Sander


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Create Date 12. July 2017
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Um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts entwickelten sich als fortschrittliche Gebiete in der Forstwirtschaft Russlands die damaligen baltischen Gouvernements Estland, Livland und Kurland, die heutzutage die Republik Estland und die Republik Lettland umfassen. Der Anbau fremdländischer Baumarten wurde für die hiesigen Gutsbesitzer und ihre Oberförster, die ihre Ausbildung in Deutschland erhalten hatten, nicht zum Ziel für sich selbst. Zugleich gelangten die Erkenntnisse, dass man fremdländische Baumarten finden kann, die ein schnelleres Wachstum und wertvolleres Holz im Vergleich zu den heimischen Baumarten aufweisen, durch Deutschland auch in die baltischen Gouvernements. Deutschland war anfangs auch der wichtigste Lieferungsort der Samen. Nach dem Vorbild Deutschlands (BOOTH, 1882; SCHWAPPACH, 1903; HEYDER, 1986; MANTEL, 1990) begann der Anbau der Europäischen Lärche und der nordamerikanischen Arten (vor allem Pinus strobus) in der estnischen Forstwirtschaft. Zugleich hatten die Baltendeutschen enge Beziehungen auch zu St. Petersburg, woher sich zu uns in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Larix sibirica und vermutlich auch Abies sibirica und Pinus sibirica verbreiteten. So kamen anfangs des 18. Jahrhunderts in baltischen Gouvernements 13 Arten (FRIEBE, 1805) Nadelbäume aus 7 Gattungen (Abies Mill., Chamaecyparis Spach, Juniperus L., Larix Mill., Picea A. Dietr., Pinus L., Thuja L.) vor, von denen Abies alba, A. balsamea, Larix decidua, L. laricina (Du Roi) K. Koch, Picea glauca, P. mariana (Mill.) Britton, Sterns et Poggenb., Pinus cembra ja P. strobus auch in der Forstwirtschaft angebaut werden konnten. Hinzu kommen wahrscheinlich noch 3 Arten: Abies sibirica, Larix sibirica ja Pinus sibirica. In der Forstwirtschaft waren damals Larix decidua ja L. sibirica doch mehr verbreitet, mit übrigen Arten wurden im 19. Jahrhundert vermutlich zuerst sehr selten Versuche gemacht. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts wurden die fremdländischen Arten in der Forstwirtschaft auch mit ästhetischen Zielen verwendet, für die Vervielfältigung der Wälder und die Aufforstung der Brachländereien und Sandböden. Mit den fremdländischen Arten versuchte man die in der Nähe der Güter gelegenen und an die Gutsparks grenzenden Wälder zu bereichern, die sich stellenweise zu Parkwäldern entwickelten. Von den 1860er Jahren an begann sich die Forstwirtschaft Russlands mehr zu entwickeln, das widerspiegelte sich auch im Anbau fremdländischer Baumarten in den baltischen Gouvernements. Zu dieser Zeit hatte man auch die ersten Erfahrungen in Gestalt von heranwachsenden Waldbeständen der fremdländischen Nadelgehölze in mehreren Gütern bekommen. Bisher waren für Holzgewinnung, Aufforstung der Brachländereien, Vervielfältigung der Waldbestände und zum ästhetischen Zweck 12 Baumarten im estnischen Gebiet verwendet worden: Abies alba, A. balsamea, A. sibirica, Larix decidua, L. sibirica, Picea glauca, P. mariana, Pinus cembra, P. sibirica, P. strobus und Thuja occidentalis und vermutlich auch L. laricina. Am Ende der zu betrachtenden Periode vergrößerte sich diese Zahl wenigstens bis auf 30. Darunter hatte man auch mit mehreren seltenen Baumarten Versuche gemacht (Abies nordmanniana, A. procera, Larix kaempferi, Pinus banksiana, P. lambertiana Douglas, P. pinaster Aiton, P. sabiniana Douglas ex Don, Pinus rigida, Pseudotsuga menziesii u.a.). Zum Jahr 1918 wurden im estnischem Gebiet fremdländische Baumarten in ungefähr 60 größeren und reicheren Privatgutshöfen angebaut, die auch mehr Forstflächen besaßen. Am meisten traten bei der Kultivierung der fremdländischen Gehölzarten in die Forstwirtschaft und bei deren Propagierung in der Literatur M. VON SIVERS und der Graf FR. BERG hervor. Für eine gelungene fremdländische Art wurde vor allem die Sibirische Lärche gehalten, die zu jener Zeit große Abmessungen erreicht und guten Wuchs gezeigt hatte. Eine größere praktische Bedeutung hatte im 19.–20. Jahrhundertwechsel Pinus banksiana, die vor allem bei der Aufforstung der sandigen Küstengebiete verwendet wurde. Andere fremdländischen Arten blieben in der Forstwirtschaft mehr auf der Ebene von Versuchen, von denen heute mehrere kleinflächige Forstkulturen, die mit fremdländischen Arten angelegt worden sind, unter Naturschutz gestellt worden sind. Bei den übrigen Baumarten waren die Standpunkte nicht gleich, je nach dem Zweck wurde die Perspektive auch bei anderen Baumarten gesehen, vor allem waren es Abies alba, A. sibirica, Pinus strobus und Pseudotsuga menziesii. Die Fläche der Bestände blieb jedoch gering, sie betrug ca. 200–300 ha in Estland. Die folgenden Jahre mit ihrer veränderlichen politischen Lage, den während der Kriegszeiten erfolgten verwüstenden Hieben usw. haben bedingt, dass sich von denen bis heute nur ein verhältnismäßig kleiner Teil erhalten hat. Obwohl Deutschland beim Anbau fremdländischer Baumarten sehr als Beispiel diente, gibt es hier auch entwicklungsgeschichtliche Unterschiede. So wurden in Deutschland nach dem schnellen Aufschwung im 18. Jahrhundert fremdländische Arten in Forstkulturen bis zu Ende des 19. Jahrhunderts realtiv wenig benutzt. Das war durch mehrere Faktoren bedingt, wie z.B. die Kriege anfangs des 19. Jahrhunderts, Samen- und Geldmangel und geringes Interesse an deren Anbau usw. (DENGLER, 1972; MANTEL, 1990). 1880 begann man aber in Deutschland und 1886 in Österreich mit planmäßigen Untersuchungen fremdländischer Baumarten. Es wurden die wichtigsten Baumarten und die Arten, die in der Forstwirtschaft von Interesse waren, ausgewählt (BUSSE, 1929). Von Nadelbäumen gehörten dazu Abies concolar, A. nordmanniana, Chamaecyparis lawsoniana, Juniperus virginiana, Larix kaempferi, L. sibirica, Picea alba, P. sitchensis, P. pungens, Pinus banksiana, P. contorta var. murrayana, P. ningra subsp. nigra, P. ningra subsp. laricio, P. rigida, P. strobus, Pseudotsuga menziesii, Thuja occidentalis ja T. plicata. In den baltischen Gouvernements gab es aber ein ständiges, kontinuierliches Interesse an der forstlichen Einführung fremdländischer Baumarten. Der Umfang des Anbaus blieb aber gering. Aus praktischen Erwägungen galt das Interesse vor allem der Lärche. Es kam in diesem Territorium nicht zur Organisation zentraler Forschungsvorhaben auf staatlicher Ebene. Vielmehr wurde die Privatinitiative der Waldbesitzer und ihrer Organisationen für den Fremdländeranbau entscheidend. Dessen ungeachtet hatte man zu dieser Zeit in Estland und Lettland bemerkenswerte Ergebnisse mit obengenannten in Deutschland verwendeten Arten erreicht (KLINGE, 1883). Im Laufe weiterer Pflanzungsarbeiten kamen fast alle genannten Arten in die Forstwirtschaft. In Finnland wurde die erste Forstkultur mit Sibirischer Lärche bereits im Jahre 1738 in Raivola (Lintula) auf der Landenge Karelien gemacht. In den 1800er Jahren wurden die ersten Kulturen mit Larix decidua in Espoo angelegt. In den 1840er Jahren wurden die Pflanzungen von Larix decidua ja Larix sibirica in Süd- und Ostkarelien angepflanzt. Die breitere Verwendung fremdländischer Baumarten fing in der staatlichen Forstwirtschaft schon in den 1860er Jahren an. Das Kultivieren fremdländischer Arten war eine der Aufgaben des Nationalen Forstamtes (Metsahallitus = National Board of Forestry). In den ersten früheren Forstkulturen herrschten Larix decidua, L. sibirica, Abies sibirica ja Pinus sibirica vor. 1920 gab es in ganz Finnland maximal 300 ha Lärchenbestände, wo Larix sibirica wesentlich war (ILVESSALO, 1920; VUOKILA, 1960). In Europa erfolgte die Verwendung fremdländischer Baumarten in der Forstwirtschaft im 18. und 19. Jahrhundert in ziemlich gleicher Weise. Das widerspiegelt sich auch in der forstlichen Tätigkeit Deutschlands und im nordwestlichen Teil Russlands (baltische Provinzen, Gouvernement St. Peterburg und Finnland). Die baltischen Provinzen kommen sogar teilweise mehr zum Vorschein und dies dank umfangreicher Beziehungen der hiesigen baltendeutschen Gutsherren zu Deutschland und St. Petersburg und dank der verhältnismäßig guten Ausbildung der Förster, die bei ihnen im Dienst waren. Es wurden auch die neuen Ideen des Anbaus fremdländischer Baumarten unterstützt. Die im vorliegenden Beitrag behandelte etwa 150-jährige eng mit Deutschland verbundene gutswirtschaftliche Periode hat den Grund zur estnischen Forstwirtschaft gelegt und die Ausgangspunkte für die Verwendung fremdländischer Baumarten in der Forstwirtschaft zu mehreren Zwecken gegeben. Daraus entstanden die neuen Ideen und theoretischen Standpunkte, zu deren Weiterentwicklern die estnischen Forstwissenschaftler und Praktiker wurden, die im Jahre 1918 ihren eigenen Staat erhalten hatten (KREMSER, 1998). In der Forstwirtschaft begann eine neue Epoche.

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