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- Erstellungsdatum 18. März 2022
- Zuletzt aktualisiert 18. März 2022
Kiefer (Pinus sylvestris L.) und Fichte (Picea abies (KARST.) L.) nehmen zusammen ungefähr ein Viertel der Europäischen Waldfläche ein. Etwa 80% davon sind Reinbestände. Auf immerhin rund 8,5 Mio. ha (20%) kommen die beiden Baumarten gemeinsam in Mischung vor. Gemessen an der großen Flächenrelevanz ist der Wissensstand über diese Artmischung vergleichsweise gering. Deshalb wurden im vorliegenden Aufsatz die Bedingungen für die Vergesellschaftung beider Baum - arten in Europa und ihre Interaktionen im Misch - bestand recherchiert und durch die Auswertung von Probeflächen in Süd- und Norddeutschland sowie von Inventurdaten in Süddeutschland ergänzt. Dies erbrachte ein vertieftes Verständnis zum Wachstum von Kiefer und Fichte in Mischung und die Wissensgrundlage füreine zielorientierte waldbauliche Steuerung in Abhängigkeit von der standortspezifischen Konkurrenzrelation der beiden Baumarten.
Neben den bekannten Unterschieden in der natürlichen Verbreitung von Kiefer (boreal, kontinental; trocken/ feucht, nährstoffarm) und Fichte (boreal, montan; feucht, nährstoffreicher) ist für die Mischung der beiden Baumarten vor allem ihre funktionelle und strukturelle Komplementarität von Bedeutung. Kiefer und Fichte ergänzen sich insbesondere in der Lichtökologie und Wuchsgeschwindigkeit (lichtbedürftig schnellwachsend vs. schattenertragend langsamwüchsig), in der Kronenund Wurzelform (breitkronig und tiefwurzelnd vs. schmalkronig und flachwurzelnd), und in der Trockenheitsresistenz (isohydrisch, weniger trockenheitssensitiv vs. isohydrisch, stärker trockenheitssensitiv).
Auf Standorten mittlerer Wasser- und Nährstoffversorgung, wo Kiefer und Fichte dauerhaft gemeinsam in der Bestandeshauptschicht vertreten sind, zeigen sich folgende ertragskundliche Merkmale: In der Größenentwicklung ist die Kiefer der Fichte in der Jugendphase überlegen. Im weiteren Verlauf unterscheiden sich Oberhöhe und Durchmesser der stärksten Bäume des Mischbestandes allerdings nicht vom gewichteten Mittel der Reinbestände. Mischbestände übertreffen Reinbeständen aber in der maximalen Bestandesdichte, charakterisiert durch Baumzahl (+25%), Bestandesgrundfläche (+10%), Stand Density Index (+10%) und Derbholzvorrat (+8%). Mischbestände können Reinbestände auch im Volumenzuwachs (+4–40%) übertreffen. Die Dichte- Zuwachs-Beziehung kann ein höheres Niveau und einen breiteren Sattel haben als in Reinbeständen, sodass Dichteabsenkungen in Folge von waldbaulichen Eingriffen oder anderen Störungen durch Zuwachsreaktionen des verbleibenden Bestandes kompensiert werden können. Dazu dürfte auch die im Mischbestand signifikant höhere Summe der Kronenschirmflächen beitragen (+40%).
Die Spreitung der Baumdimension (Baumdurch - messer, Höhe, Volumen) ist im Mischbestand größer und die Verteilung der Größen und Größenzuwächse ungleicher als im Mischbestand. In Mischung verbreitern und verlängern sich die Kronen der Fichte (+10%) zulasten der Kiefer (–5%) (Abbildung 9). Die Kiefernstämme weisen in der Jugend geringere Schlankheitsgrade als im Reinbestand auf, während die Fichten - stämme in der Höhen-Durch messerrelation (h/d-Wert) zunächst zunehmen. Diese Unterschiede gleichen sich im weiteren Altersverlauf allerdings wieder aus.
Trockenheit reduziert den Grundflächenzuwachs der Fichte (–38%) stärker und länger als jenen der Kiefer (–18%) (Abbildung 4). Mischung mindert und kompensiert dabei den Trockenstress der Fichte, so dass die Zuwachseinbußen in Mischbeständen geringer ausfallen als in Reinbeständen. Durch Mischung beider Arten können die Produktivität, Stabilität und Resistenz gegenüber Trockenheit erhöht werden.
Die waldbauliche Behandlung hängt von den Wuchs - relationen zwischen beiden Arten ab, die je nach Größenrelationen den drei Kategorien Kie > Fi, Kie ≈Fi, Kie < Fi zugeordnet werden können. Beide Arten ergänzensich, wenn sie etwa ähnliche Konkurrenzkraft besitzen (Kie ≈Fi). Alle anderen Wuchsrelationen erfordern einen hohen und fraglichen Aufwand, um die Mischung dauerhaft zu erhalten.