Der vorliegende Beitrag gibt einen Einblick in den Umgang adulter vorherrschender Traubeneichen (Quercus petraea Liebl.) in einem ca. 170 Jahre alten Baumholz dritter Ertragsklasse der Pfälzer Nordvogesen mit sommerlichen Witterungsbedingungen im Jahr 2015. Das Beobachtungsjahr brachte den Alteichen stark wechselnde Witterungsariditäten (vgl. Abb. 4). Die Peroxidbelastung der Blätter wuchs bis etwa Ende Juli stetig an, um danach zum Herbst hin ebenso stetig wieder abzunehmen (vgl. Abb. 5 A). Diese Beobachtung ließ sich kaum mit der Witterungsaridität in Verbindung bringen, sondern deutet eher auf den Peroxidbedarf für die Zellwandlignifizierung hin (vgl. Abb. 5 B). Auch wenn die Blätter permanent unter erheblicher Lipidperoxidation litten, deuteten sich damit übereinstimmend keinerlei Beziehungen zu ungünstigen äußeren oder inneren Faktoren an (vgl. Tab. 2).
Das antioxidativ wirksame Glutathion (GSH) nahm vom Frühjahr zum Herbst hin stetig ab, ohne die Witterung oder die Peroxidbelastung differenziert zu reflektieren (vgl. Abb. 7, Tab. 3). Offenbar kommt dem GSH eine prominente Rolle für die Versorgung der wachsenden Gewebe mit reduziertem Schwefel zu. Die Glutathionreductase (GR) zeigte über die gesamte Vegetationszeit hin bedeutende Aktivität, ebenfalls ohne Bezug zu Witterung oder oxidativer Belastung (vgl. Abb. 7 A–C). Vielmehr korrelierte sie deutlich positiv mit der Lipidperoxidation (vgl. Abb. 7 D).
Vescalagin und Castalagin (VC), die beiden wichtigsten Eichenellagtannine (ET), nahmen zur zweiten Hälfte der Vegetationszeit hin innerhalb weniger Tage dramatisch ab, während die GesamtET bis zum Herbst in etwa konstant blieben (vgl. Abb. 8 A, B). Offensichtlich steuern die Eichen in der zweiten Sommerhälfte eher die Biosynthese von Gerbstoffen als ihren Export um. In der ersten Sommerhälfte verband ein nahezu funktionaler Zusammenhang die VC mit der Witterung. Aride Verhältnisse schlugen sich unmittelbar in reduzierten VCGehalten nieder (vgl. Abb. 9 A). Die Eichen nahmen die Witterungsaridität als Faktor für die VC aber nicht in Form einer oxidativen Belastung oder Lipidperoxidation wahr, vielmehr scheinen VC schon vorher substanziell zur Stabilisierung der Peroxidkonzentrationen und Biomembranen während der Zellwandlignifizierung beizutragen (vgl. Abb. 9 B, C). VC drängen demgemäß die Enzyme und Intermediäre des FOYER-HALLIWELL-ASADAZyklus während der ersten Sommerhälfte sichtbar in den Hintergrund und übernehmen wohl deren Verantwortung für den Redox-Status der Biomembranen.
Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass a) das antioxidative System der Eichen zumindest auf der Ebene des GSH/GR-Zyklus‘ von den schutzbedürf - tigen Zellorganellen her gedacht werden sollte und b) die Umweltbeziehungen der Eichen besonders in der Zeit der Blattreifung nur unter Berücksichtigung von VC als wirkungsvolle Akteure in der Witterungsperzeption zu verstehen sind.