Waldarbeit gehört im Vergleich zu anderen Branchen nach wie vor zu den Berufen mit dem höchsten Unfall - risiko: Arbeitsunfälle ereignen sich bei der Waldarbeit häufiger (u.a. ENEZ et al., 2014) und sind außerdem häufig schwerwiegender als in anderen Arbeitsfeldern (u.a. LASCHI et al., 2016; ALBIZU-URIONABARRENETXEA et al., 2013). Als besonders gefährlicher Arbeitsschritt im Arbeitsalltag der Waldarbeit wird die motormanuelle Holzernte bewertet (KLUN und MEDVED, 2007; ALBIZUURIONABARRENETXEA et al. 2013). Im Rahmen einer Studie zur Arbeitssicherheit bei der Waldarbeit wurde in Baden-Württemberg zwischen 2015 und 2019 ein multimethodisches Forschungsdesign umgesetzt, das verschiedene Faktoren der Arbeitssicherheit im Zusammenhang betrachtet (SAUTER et al., 2020). Dabei wurden Unfallmeldungen statistisch analysiert, Leitfaden - interviews mit Arbeitssicherheitsexpert*innen und Gruppendiskussionen mit Forstwirt*innen durchgeführt (s. Abb. 1). Ziel der Studie war es, Erklärungsansätze für die im Vergleich zu anderen Bundesländern besonders hohen Unfallzahlen im untersuchten Staatsforstbetrieb zu entwickeln und daraus Anforderungen für das betriebliche Management von Arbeitssicherheit abzuleiten.
In der Studie zeigt sich, dass die ursprünglich ver - muteten Gefahrenquellen wie das hohe Durchschnittsalter der Forstwirt*innen oder der hohe Anteil an Gelände mit steilem Gefälle nicht die Ursachen der hohen Unfallzahlen sein können (s. Abb. 2–4). Vielmehr ist das Konzentrationsniveau gerade bei Tätigkeiten in schwierigem Gelände äußerst hoch, was Unfälle vermeiden hilft. Indirekt kann das für hohe Unfallzahlen verantwortlich sein, weil eine insgesamt höhere Belastung im Arbeitsalltag entsteht, die an anderer Stelle zum Unfall führt. Die Forstwirt*innen selbst sehen im naturnahen Waldbau und insbesondere in der Zunahme von Naturverjüngung auf der Fläche eine Hauptgefahr für ihre Arbeits - sicherheit. Dabei kritisieren sie nicht nur die naturalen Veränderungen ihres Arbeitsortes, sondern auch die dahinterstehenden betrieblichen Prozesse und den Umgang mit Arbeitssicherheit im Zusammenhang mit Waldbau. Fühlen sich die Beschäftigten bei betrieblichen Prozessen, die ihr tägliches Arbeitsumfeld in hohem Maße verändern und gestalten, nicht einbezogen, dann kann das indirekt zu einem Problem der Arbeitssicherheit führen, zum Beispiel, weil es die Akzeptanz für Präventionsmaßnahmen auf der individuellen Ebene – also Schulungen zu sicherem Verhalten – mindert oder zu psychischen Belastungen und damit verbundenen Konzentrationsproblemen führt.
Aus den Ergebnissen geht dementsprechend hervor, dass Arbeitssicherheit ein Querschnittsthema ist, das von unmittelbaren wie auch mittelbaren Faktoren beeinflusst ist, und das in allen Bereichen des Organisationshandelns berücksichtigt werden sollte. Entsprechend dieses Verständnisses von Arbeitssicherheit, ergeben sich auch methodische Erfordernisse für die Unter - suchung von Problemen der Arbeitssicherheit.