Die wissenschaftliche Fachrichtung der Wald- und Forstgeschichte blickt – insbesondere im deutschsprachigen Raum – auf eine lange Forschungstradition zurück. Während der letzten Jahrzehnte verzeichnet das Fach jedoch auf institutioneller Seite einen deutlichen Rückgang, der sich unter anderem an den forstwissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten im deutschsprachigen Raum widerspiegelt. Die Professur für Wald- und Forstgeschichte an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen in Freiburg stellt derzeit ein „Alleinstellungsmerkmal“ der universitären forsthistorischen Lehre und Forschung dar. Dennoch sind in den letzten Jahren zahlreiche interessante Publikationen erschienen, die neue Forschungsfelder der waldbezogenen Sozial- und Kulturgeschichte, wie beispielsweise die Rolle des Waldes im Nationalsozialismus und die Naturwahrnehmung im Industriezeitalter behandeln. Dabei liegt der zeitliche Fokus eindeutig auf neuzeitlichen und modernen Entwicklungen. Weiter zurückliegende Epochen wie das Mittelalter bleiben hingegen aufgrund fehlender bzw. lückenhafter Primärquellenlage weitgehend ausgespart. Zudem sind die genannten Forschungsergebnisse in der Regel auf Deutsch publiziert, was die internationale Wahrnehmung erschwert.
In diesem kurzen Beitrag wird versucht diese aktuelle Problematik zu beleuchten, um mögliche Perspektiven für eine neue, umfassendere Forstgeschichte aufzuzeigen. Zunächst werden terminologische Forstbegriffe kritisch hinterfragt und eine zeitgemäße Definition für eine neu zu konzipierende Forstgeschichte als akademische Disziplin entwickelt. In einem weiteren Schritt werden Überlegungen zu einem ergänzenden thematischen, methodischen und chronologischen Forschungsanspruch vorgestellt.
Für die künftige Ausrichtung der Forstgeschichtsforschung ist eine verstärkte interdisziplinäre Verankerung unerlässlich. Neben den genannten bestehenden Forschungsfeldern ist die Nutzung natürlicher Umweltarchive (z.B. historischer Bauhölzer, archäologischer Holzfunde, Bodendenkmäler und Landschaftsüberformungen) zu forcieren. So können Untersuchungsergebnisse der Schriftquellenforschung unabhängig verifiziert und in einzelnen Fällen präzisiert werden. Außerdem wird in diesem Kontext eine forstgeschichtliche Erforschung vorgeschichtlicher Zeiträume ebenso ermöglicht wie die Analyse langfristiger (z.B. mehrtausendjähriger) und überregionaler Entwicklungen. Durch diesen naturwissenschaftlich erweiterten Methodenzugang leistet eine moderne Forstgeschichte wertvolle Beiträge zu den Paläo-Umweltwissenschaften und trägt zudem eine historische Perspektive zu aktuell drängenden Themen bei, etwa zu gesellschaftlichen Reaktionen auf Klimaveränderungen oder Ressourcenknappheit.