02 – Matthes


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Create Date 3. July 2016
Last Updated 27. July 2016
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Der vorliegende Beitrag befasst sich am Beispiel der Stakeholderanalyse des Projekts Klima- und Landschaftswandel in Rheinland-Pfalz (KlimLandRP) mit der Frage, wie relevante Stakeholder der Forst- und Holzwirtschaft den Klimawandel in der Auswirkung auf die Wälder in Rheinland-Pfalz wahrnehmen und wie aus dem Projekt entwickelte Anpassungsoptionen bewertet werden. Methodisch wurde eine zweiphasige Stakeholderanalyse durchgeführt, mit leitfadengestützten Experteninterviews zu Beginn des Projekts und mit einem Workshop zur Diskussion der Projektergebnisse am Ende des Projekts. Um Zusammenhänge zwischen dem naturwissenschaftlichen Analyseprozess und dem soziologischen Wissensprozess aufzuzeigen, wurde der Untersuchung ein Prozessmodell als theoretischer Bezugsrahmen (Abb. 1) zugrunde gelegt.
Der Klimawandel wird als für die forstwirtschaftliche Praxis relevantes Thema wahrgenommen, wobei die Baumartenwahl im Mittelpunkt steht. Die Waldbesitzkategorien fühlen sich unterschiedlich stark vom Klimawandel betroffen, am geringsten war die Betroffenheit auf Seiten der Säge- und Holzindustrie. Als Leitstrategie für den Umgang mit Unsicherheit und Komplexität wurde Risikostreuung, insbesondere durch Förderung von Mischwäldern und durch Waldumbau, identifiziert (s. Tab. 2).
Infolge von zumindest ansatzweise klimabedingten Anpassungsmaßnahmen sind Konflikte sowohl zu anderen Sektoren als auch innerhalb des Sektors Forst- und Holzwirtschaft deutlich geworden. Besteht zwischen Forstwirtschaft und Naturschutz in übergeordneten Fragen wie im Aufbau stabiler, strukturreicher Mischwälder grundsätzlich Einigkeit, gehen die Sichtweisen z. B. zur Beteiligung gebietsfremder Gastbaumarten auseinander. Zwischen der Forst- und Holzwirtschaft bestehen Konfliktlinien infolge des Klimawandels in Bezug auf den Waldumbau und den Rückgang der Fichte.
Die Zeithorizonte des Denkens und der Planung unterscheiden sich, und zwar zwischen den unterschiedlichen Waldbesitzkategorien und innerhalb der Sparten Forstund Holzwirtschaft. Je weniger sich eine Branche von klimatischen Veränderungen betroffen fühlt und je rascher auf Umweltveränderungen reagiert werden kann, umso kürzer ist der Planungszeitraum. Der künftige Informations- und Forschungsbedarf zielt vor allem auf den Umgang mit Unsicherheit bei Entscheidungsdruck, die Erweiterung und Vertiefung der Forschung und die Verbesserung des Transfers in die Praxis. Bezugnehmend auf den Wissensprozess (Abb. 1) ist bei den befragten Experten weit überwiegend ein Bewusstsein für den Klimawandel vorhanden; auch die Aufnahme-, Verstehens- und Wissensschwelle sind, wie die Diskussion im Workshop gezeigt hat, überschritten worden, während die Nutzung des Wissens durch Anpassungsmaßnahmen noch nicht beurteilt werden kann.
Aus den Ergebnissen ist zu folgern, dass für einen erfolgreichen Wissenstransfer soziale Lernprozesse regionsspezifisch über einen längeren Zeitraum beobachtet werden müssen, mit dem Ziel, managementorientiert Anpassungsstrategien auf ihre Zukunftsfähigkeit zu überprüfen, sektorübergreifend Konflikte auszuhandeln und relevante sozio-ökonomische Einflussfaktoren zu identifizieren.
Das Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Praxis ist durch eine soziale Vulnerabilitätsforschung zu begleiten. Für die Anpassung der Forst- und Holzwirtschaft an den Klimawandel sind zum einen wissenschaftstheoretisch vorhandene sozio-logische Modellansätze und implementierte analytische Modelle (Szenarien, Simulationen) unter Berücksichtigung empirischer Daten weiter zu entwickeln. Darüber hinaus sind Kommunikationskanäle auf Wirksamkeit zu evaluieren und neue Techniken der wissensgestützten Gesprächs- und Argumentationsführung anzuwenden. Die vielfach angestrebte Einbindung der Zivilgesellschaft wirft die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen von Partizipation auf.

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