In der Jagdpolitik existieren etwa mit dem Wald-Wild- Konflikt und dem Dualismus von Nutzung und Schutz von Naturgütern mehrere interessenbezogene Konflikte zwischen gesellschaftlichen Akteuren. Parteien kommt in demokratischen Systemen eine entscheidende Rolle bei der Konfliktregulierung zu. Die Fallstudie zur Jagdgesetznovellierung in Thüringen (2014–2019), geht deshalb der Frage nach, inwiefern Parteien als Bündnispartner für spezifische Interessen gesellschaftlicher Akteure in Frage kamen? Aus der Verknüpfung der Parteiendifferenztheorie mit der Policy-Theorie und dem Konzept der Politiksektoren wird ein spezifischer Analyserahmen entworfen, der drei Hypothesen begründet: (1) Regierungsparteien setzen ihr Positionen (policy-seeking) stärker durch als die Opposition; (2) der Hauptsektor (hier Jagdsektor) setzt sich gegen andere Sektoren und Regierungsparteien durch; (3) Sektoren, die mit dem Hauptsektor in Konflikt stehen, können ihre Positionen punktuell in der parlamentarischen Phase des Gesetzgebungsverfahrens durchsetzen. Diese Hypothesen wurden durch Dokumentenanalyse wie folgt überprüft: Bei 37 inhaltlichen Hauptpositionen der Gesetzesnovelle wurde deren Unterstützung oder Ablehnung durch die politischen Parteien bzw. Sektoren ermittelt und anschließend mit dem output des Parlaments, dem beschlossenen „Zweiten Gesetz zur Änderung des Thüringer Jagdgesetzes“ verglichen. Im Vergleich zwischen den Sektorinteressen und den Positionierungen der politischen Parteien wird deutlich, dass CDU und AfD für den Forst- und Jagdsektor potentiell geeignetere Bündnispartner als etwa Bündnis 90/Die Grünen waren. Es zeigt sich aber auch, dass DIE LINKE und SPD als Mitglieder der Regierungskoalition Thematiken mehrerer Sektoren aufgriffen und eine größere Offenheit für die Sektoren aufwiesen als etwa Bündnis 90/Die Grünen. Der Forstsektor konnte deutlich mehr Forderungen durchsetzen als der Natur- und Tierschutzsektor. Die Schutzsektoren konnten hauptsächlich Erfolge bei der Durchsetzung der Kernthemen erzielen, die auch von der rot-rot-grünen Regierungskoalition unterstützt wurden. Insgesamt bestätigen die Ergebnisse die Hypothese 1 nicht, die von einer Dominanz der Regierungskoalition ausgeht. Wohl aber wird die Hypothese 2, über die Stärke des Hauptsektors, und Hypothese 3, über die Chancen von anderen Sektoren im parlamentarischen Verfahren punktuelle Forderungen mit politischen Parteien als Bündnispartner durchzusetzen, bestätigt. Solche Erkenntnisse können sowohl der Jagd- als auch Forstsektor für zukünftige Strategien nutzen.