04 – Gerner


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Create Date 5. November 2016
Last Updated 5. November 2016
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Jagd und Naturschutz stehen in einem ambivalenten Verhältnis zueinander. Besonders zeigt sich dies, wenn es um Fragen zur Notwendigkeit bzw. Angemessenheit der Jagdausübung in Schutzgebieten geht. Die Jagdausübung kann das Erreichen eines bestimmten Schutzzweckes auf der einen Seite möglicherweise behindern; auf der anderen Seite kann sie das Erreichen von naturschutzfachlichen Zielen wiederum überhaupt erst möglich machen. Untersuchungen zeigen, dass der Ver - waltungspraxis, z.B. der Bereitschaft, hoheitliche Maßnahmen durch partizipative oder informationelle Instrumente bei der Einrichtung und dem Management von Schutzgebieten zu ergänzen, ein hoher Erklärungswert in Hinblick auf das Verständnis der Wirkung von Schutzgebieten zukommt (STOLL-KLEEMANN und O’RIORDAN, 2002; STRIEGNITZ, 2006). Vor diesem Hintergrund interessiert sich die hier vorgestellte Studie am Beispiel Baden-Württembergs für die Frage, wie mit divergierenden Vorstellungen von Jagd- und Naturschutzseite bei der Formulierung und Umsetzung von Naturschutzgebietsverordnungen umgegangen wird. Dabei soll den Fragen nachgegangen werden, welche Regelungen der Jagdausübung Naturschutzgebietsverordnungen beinhalten und inwiefern die Prozesse im Rahmen der Formulierung der Verordnungen Einfluss auf deren Inhalte haben bzw. wie sich der Einsatz verschiedener steuerungspolitischer Instrumente auf deren Umsetzung auswirkt. Um einen Eindruck davon zu bekommen, welche Regelungen zur Jagdausübung die Naturschutzgebietsverordnungen beinhalten, wurde zunächst eine Inhaltsanalyse von knapp 800 Verordnungen aus den Jahren 1981 bis 2008 vorgenommen. Im Anschluss wurden leitfadengestützte Interviews mit behördlichen und außerbehördlichen Akteuren aus dem Jagd- und Naturschutzbereich durchgeführt, um den Ist-Zustand bei der Formulierung und Umsetzung von Naturschutzgebietsverordnungen zu erfassen. Der Leitfaden für die Interviews orientierte sich an einem theoretischen Modell nach KNOEPFEL und WEIDNER (1982, in BUSSMANN et al., 1997).

Die Ergebnisse dieser Zustands- Analyse wurden im Anschluss normativen theoretischen Überlegungen aus dem Bereich der Policy Instrument Choice Theories, namentlich der Smart Regulation Theory (GUNNINGHAM und GRABOSKY, 2004; GUNNINGHAM und SINCLAIR, 1999) gegenübergestellt. Dieses Vorgehen sollte helfen, Schlussfolgerungen für mögliche Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Die Ergebnisse der quantitativen Inhaltsanalyse zeigen, dass die Zahl der pro Jahr erlassenen Verordnungen seit 1997 zurückgegangen ist, die Zahl der Regelungen in den letzten 15 Jahren aber insgesamt konstant zugenommen hat (siehe Abbildungen 1–3). Die Ergebnisse der qualitativen Untersuchung lassen erkennen, dass die Verbände und teilweise die obere Jagdbehörde den Eindruck haben, trotz der Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme nur wenig Einfluss auf die Ergebnisse der Verwaltungsverfahren zu haben. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass der Verlauf der Verwaltungsverfahren (siehe Abbildung 4) vor allem vom persönlichen Engagement einzelner Personen sowie Routinen an den Behörden beeinflusst wird. Das bereits vorhandene partizipative Instrument der schriftlichen Stellungnahme scheint nicht ausreichend, um in Hinblick auf den Ist-Zustand bei der Formulierung der Verordnungen vom Einsatz eines „Policy- bzw. Instrumenten- Mixes“ im Sinne der Smart Regulation Theory sprechen zu können. Engere Kommunikationsstrukturen innerhalb der Behörde sowie zwischen Behörden und anderen Akteuren könnten ein besseres Einbeziehen der Jagdbehörde und der Verbände und damit eine erhöhte Akzeptanz bei den betroffenen Landnutzergruppen, vor allem den Jägern, bewirken.

Aufgrund mangelnder personeller Kapazitäten an den Behörden ist auch die Umsetzung der Verordnungen bzw. deren Evaluation eine deutliche Herausforderung. Daher scheint es insgesamt sinnvoll, das Steuerungsinstrument „Naturschutzgebietsverordnung“ durch partizipative und informationelle Instrumente – sowohl im Ausweisungsverfahren als auch bei der Umsetzung auf der Fläche – regelmäßig(er) zu ergänzen, um den Schutz der Natur vor jagdlichen Eingriffen effektiver erreichen zu können.

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