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- Erstellungsdatum 22. Juli 2024
- Zuletzt aktualisiert 29. Dezember 2024
Die Rotbuche als wichtigste Baumart der natürlichen Waldvegetation spielt in der Forstwirtschaft des Norddeutschen Tieflandes eine bedeutende Rolle, deren Fläche in vielen Regionen nach den existierenden Anbauplanungen noch zunehmen soll. Der rasch fortschreitende Klimawandel und die damit verbundenen Belastungen des Waldes könnten diese Planungen allerdings in Frage stellen. Mit dem Ziel, der Forstwirtschaft wissensbasierte Entscheidungsgrundlagen für die Baumartenwahl und deren Risikobewertung im Klimawandel zu liefern, fasst dieser Übersichtsartikel den aktuellen Wissensstand zur Vitalität der Buche und ihrer Empfindlichkeit gegenüber dem Klimawandel für das von pleistozänen Ablagerungen geprägte Norddeutsche Tiefland zwischen der niederländischen Grenze und der Oder (rund 140000 km2) zusammen. Grundlage sind dendroökologische und ökophysiologische Unter - suchungen in zahlreichen Buchenbeständen entlang des von NW (ozeanisch) nach SO (sub-kontinental) verlaufenden Klimagradienten im Untersuchungsgebiet.
Mehr als 60% der dendrochronologisch untersuchten Buchen in herrschender Stellung zeigen seit etwa 1980 abnehmende Trends des Basalflächen - zuwachses (BAI); bei 45 % der Bäume ist der Trend signifikant. Der Anteil von Bäumen mit signifikant negativem Trend steigt von rund 35% an den niederschlagreichen auf 55% an den trockenen Standorten an. Wie die Karte in Abb. 3 zeigt, herrschen negative BAI-Trends in weiten Teilen Sachsen- Anhalts, Brandenburgs und im Osten von Mecklenburg- Vorpommern vor, während weiter westlich positive Trends (oder stabiler Zuwachs) überwiegen. Der gegenwärtige Kipppunkt des Wachstumstrends liegt bei etwa 360 mm Niederschlag in der Vegetationsperiode (April–September) bzw. bei ~650 mm Jahresniederschlag. Wichtigster Treiber des langfristigen BAI-Rückgangs ist eine Verschlechterung der klimatischen Wasserbilanz im Sommer (Juni– August) infolge der Klimaerwärmung. Die inter - annuelle Zuwachsvariabilität nimmt in Richtung auf Standorte mit größerer Sommerwärme und höherem Sandanteil im Boden zu. Die jährliche Mortalitätsrate erreichte auf den Level-I-Monitoringflächen in den norddeutschen Bundesländern im Zeitraum 1991–2018 durchweg niedrige Werte (meist <0.3%a–1 mit Höchstwerten bis 0.5%a–1), stieg jedoch in Sachsen-Anhalt, wo negative BAITrends vorherrschen, auf >2.0%a–1 nach der 2018/19-Dürre an. Ökophysiologische und produktionsbiologische Untersuchungen entlang des Klimagradienten zeigen, dass ausgewachsene Buchen an trockenen Standorten zwar zu einigen Anpassungreaktionen in der Lage sind, die ihren Wasser - zustand verbessern können (Vergrößerung des Feinwurzelsystems im Oberboden, dauerhafte Reduktion der stomatären Leitfähigkeit, osmotische Anpassung). Diesen Reaktionen steht jedoch eine fehlende oder gar auf den Wasserzustand negativ wirkende Anpassung von anderen Organen des Wassertransportsystems entgegen (keine oder nur geringe Erhöhung der Embolie-Resistenz der Leitgefäße, kein tieferes Wurzeln, Blattflächenvergrößerung an trockenen Standorten), woraus geschlussfolgert wird, dass das gegenwärtige Anpassungsvermögen ausgewachsener Buchen an trockenere und wärmere Klimabedingungen im Norddeutschen Tiefland relativ begrenzt ist.
Wenn sich die Klimaerwärmung nicht deutlich abschwächt, dürften weite Teile des Norddeutschen Tieflandes jenseits des engeren Nordseeküstenbereichs im Verlauf der nächsten Buchengeneration (bis ca. 2150) zu Risikogebieten des Buchenanbaus werden, insbesondere auf sandigen Böden. Vor diesem Hintergrund werden einige waldbauliche Optionen skizziert.