04 – Staupendahl


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Create Date 29. December 2016
Last Updated 5. July 2023
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In den letzten Jahrzehnten hat sich der Zuwachs der Wälder gegenüber der Vergangenheit aufgrund veränderter Umweltbedingungen teilweise deutlich erhöht. Dabei wird sowohl eine flächige Verbesserung der Bonitäten beobachtet als auch eine Zunahme der Volumenzuwächse bei gegebener Bonität. Gleichzeitig haben veränderte Standortfaktoren und/oder weiterentwickelte waldbauliche Behandlungskonzepte dazu geführt, dass sich die Durchmesserstrukturen der Bestände deutlich von denen der Versuchsflächen unterscheiden, die zur Erstellung der Ertragstafeln verwendet wurden. Damit weichen die Ertragstafelschätzungen sowohl für den periodischen Volumenzuwachs (iV) als auch für den Mitteldurchmessers (Dg) zunehmend von der Realität ab, sodass es zu einer Fehleinschätzung wesentlicher bewertungs- und planungsrelevanter Größen kommt.

Im Rahmen dieses Beitrags werden die Ergebnisse eines durch den Landesbetrieb HESSENFORST in Auftrag gegebenen und vom Consultingbüro ARGUS FORST - PLANUNG erstellten Gutachtens vorgestellt. Darin werden verallgemeinerte (generalisierte) lineare Regressionsmodelle (GLM) für Eiche, Buche, Fichte, Douglasie, Kiefer und Lärche in Hessen beschrieben, die realitätsnahe Schätzungen des Mitteldurchmessers und des periodischen Zuwachses ermöglichen (Formel (1)). Da diese Modelle die zugehörigen Schätzungen der Ertragstafeln als Eingangsgrößen verwenden, erfolgt eine Kalibrierung der Ertragstafelwerte. Die Ertragsklasse und der Bestockungsgrad (B°) wurden in allen Modellen als weitere Kovariablen integriert, wenn dies zu einer signifikanten Verbesserung der Anpassung führte. Zusätzlich wurde ein auf der Chapman-Richards-Funktion basierendes nichtlineares Modell entwickelt, das den periodischen Volumenzuwachs in Abhängigkeit von Alter, Ertragsklasse und B° schätzt (Formeln (2) bis (5)). Grundlage der Modellentwicklung sind die in Hessen im Zeitraum 1986–2012 erhobenen Daten der bisherigen drei Bundeswaldinventuren.

Die resultierenden Modelle ergeben für alle Baum - arten und beide Zielvariablen im Mittel signifikant über den Ertragstafelwerten liegende Schätzungen. Für den Dg lassen sich auf dieser Basis Veränderungen gegen - über der Ertragstafel feststellen, deren Mittelwert je Baumart zwischen +3,1 cm bzw. +13% (Eiche) und +6 cm bzw. +25% (Buche) liegt (Tab. 3). Im Bereich hoher Durchmesser nähern sich die Modellschätzungen bei fast allen Baumarten den Ertragstafelwerten wieder an (Abb. 1), für die besten Kiefern- und besseren Eichen- Ertragsklassen unterschreiten sie diese sogar. Als Ur - sache hierfür werden insbesondere die Zielstärkennutzung und eine hohe Grundflächenhaltung in früheren Wachstumsphasen der heute älteren Bestände vermutet. Generell ist die absolute positive Abweichung der Mitteldurchmesser umso höher, je niedriger der B° ist. Für Eiche und Kiefer steigt sie zusätzlich mit sich verschlechternder Bonität, bei Buche und Fichte zeigt sich der entgegengesetzte Effekt (Abb. 1).

Beim Zuwachs liegt die Spannweite der durchschnittlichen Differenzen zwischen den Vorhersagen der GLM und den Ertragstafelwerten zwischen +0,7 Vfm ha–1 a–1 bzw. +12% (Kiefer) und +2,5 Vfm ha–1 a–1 bzw. +26% (Buche) (Tab. 4). Erwartungsgemäß steigen die geschätzten Zuwächse bei allen Baumarten mit steigendem B° (Abb. 2), während der Effekt der Ertragsklasse nur bei Fichte und Douglasie signifikant ist. Die nicht - linearen Modelle liefern nur für Buche, Fichte und Kiefer stabile Zuwachsschätzungen. Deren Gesamtfehler (Tab. 5) ist gegenüber den GLM nicht verringert, allerdings ermöglicht die Chapman-Richards-Funktion dank ihrer größeren Flexibilität eine differenziertere Abbildung des Einflusses von Alter, Bonität und Dichte (Abb. 3 und Abb. 4). Infolgedessen nimmt die mittlere Differenz zwischen Modell- und ET-Zuwachs im Vergleich zu den GLM bei der Buche um 0,3 Vfm ha–1 a–1 ab, während sie sich bei Kiefer und Fichte um 0,2 Vfm ha–1 a–1 erhöht (Tab. 5).

Ein Vergleich mit den in der Literatur beschriebenen Veränderungen von Volumenzuwachs und Mitteldurchmesser in Mitteleuropa ergibt zwar teilweise abweichende Werte innerhalb der Baumarten (die auch auf methodische Unterschiede zurückzuführen sein dürften), insgesamt aber weitgehend ähnliche Größenordnungen und Spannweiten. Es wird gezeigt, wie die Ertrags - tafeln, die noch immer ein wichtiges Werkzeug für Forstplanung und Waldbewertung darstellen, basierend auf den entwickelten Modellen als Ganzes kalibriert und damit wieder näher an die Realität herangeführt werden können. Schließlich werden Vor- und Nachteile dieses Ansatzes, die Grenzen seiner Anwendung sowie Möglichkeiten der Weiterentwicklung diskutiert. Die Anwendung der hier vorgestellten Methodik auf die BWI-Daten weiterer Bundesländer und Daten aus Betriebsinventuren erscheint in jedem Fall lohnenswert.

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