J. D. Sauerländer's Verlag: (06) Pietzarka
   

Einleitung

Die Abgliederung von Zweigen und Ästen ist ein normaler Vorgang während des Baumwachstums, der dazu beiträgt, eine möglichst hohe Produktivität der gesamten Krone sicher zu stellen. Bei allen Baumarten sterben daher Zweige und Äste vor allem im unteren, beschatteten Kronenbereich ab, und ihre Verbindung zum Xylem und Phloem des Stammes wird mit Hilfe verschiedener Mechanismen abgeschottet (DUJESIEFKEN und LIESE, 2008). Diese adaptive Abgliederung von toten Ästen, die als Zweigreinigung bezeichnet wird, setzt je nach Baumart im Alter von 5 bis 30 Jahren ein. Der Zeitpunkt ist vor allem von der Höhe des Strahlungsbedarfs jeder Baumart abhängig (ROLOFF, 2001). Neben dieser adaptiven Abgliederung von toten Zweigen zeigen einige Gehölzgattungen auch eine Abgliederung von zu dem Zeitpunkt toten Trieben, die regulär nach gewissen Zeiträumen, vergleichbar dem Blattfall, erfolgen. Diese Abgliederung von toten Kurztrieben erfolgt zum Beispiel bei den Gattungen Metasequoia, Taxodium oder Pinus und sollte im Anhalt an den Blattfall als Triebfall bezeichnet werden.

Neben dieser Zweigreinigung ist auch die Abgliederung von bis zu dem Zeitpunkt noch lebenden Trieben und Zweigen bekannt und kann unter dem Begriff der Zweigabtrennung zusammengefasst werden. Sie umfasst für einige Gehölzgattungen aktive Mechanismen, die unter dem Begriff der Kladoptosis (Absprünge) beschrieben wurden (BÜSGEN und MÜNCH, 1929), sowie passive Mechanismen, also Verletzungen mit biotischer (Abrisse) und verschiedener abiotischer (Abbrüche, Grünastabbruch) Ursache (STÖLTING und STIMM, 1991; WOHLERS et al., 2001).

Die Kladoptosis wurde anatomisch und ökologisch erklärt (BÖHLMANN, 1971; CHRISTENSEN, 1975; KLUGMANN und ROLOFF, 1999) und ist auf Verschiebungen im Hormonhaushalt der Gehölze zurückzuführen (BRESINSKY et al., 2008; CHANEY, 1979). Sie ist als eine wichtige Anpassung an Dürreperioden durch Optimierung der Wassernutzung zu sehen (KLUGMANN und ROLOFF, 1999).

Taxus baccata ist in sehr vielen ökologischen Belangen eine
außergewöhnliche Baumart. Sie ist sehr standortsvag und ganz
besonders schattenertragend. Ihre Photosyntheseleistung ist bereits
bei sehr geringen Strahlungsintensitäten gesättigt (PIETZARKA,
2005; SZANIAWSKI, 1978), erfolgt jedoch auch bei im Vergleich zu
anderen immergrünen Gehölzen ungewöhnlich niedrigen Temperaturen

(PISEK et al., 1969) und kann so günstige Perioden außerhalb der eigentlichen Vegetationsperiode effektiv nutzen (PIETZARKA, 2005). Hinzu kommen eine hohe genetische Variabilität, Zweihäusigkeit, eine große Anzahl kleiner Pollen, die über große Entfernungen effektiv transportiert werden, Zoochorie, hohe Lebenserwartung und Regenerationsfähigkeit (ROHDE, 1987; HEINZE, 2004; THOMA, 1992, 1995; CAO et al., 2004; HAGENEDER, 2007; SCHEEDER, 1994). Dies führt dazu, dass sie in der Lage ist, sich fast in ihrer gesamten physiologischen Amplitude auch zu etablieren, und ihre ökologische Strategie wurde daher als Anpassungsstrategie bezeichnet (PIETZARKA, 2005).

Das Phänomen der Zweigabgliederung wurde bisher für Taxus baccata nicht beschrieben, kann jedoch relativ häufig beobachtet werden (Abb. 1). Die vorliegende Untersuchung (HARNISCH, 2009) sollte daher zunächst erfassen, wie verbreitet es bei dieser Baumart anzutreffen ist, seine jahreszeitliche Dynamik beschreiben und mit Witterungsdaten vergleichen sowie die anatomischen Ursachen klären.

SCHLAGWORTER:
Taxus; Zweigabtrennung; Separation.

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